COVERSTORY DOMINIQUE THIEM

MEHR ALS NUR FESCH – Dominic Thiem, der Tennisspieler, dem der Sprung in die Top Ten gelungen ist.

Dominic Thiem, der 1993 in Wiener Neustadt geborene Tennisspieler, ist nach Thomas Muster und Jürgen Melzer der dritte Österreicher, dem der Sprung in die Top Ten der Weltrangliste gelungen ist.


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Wie fast immer im Tennissport, ist der Aufstieg zum Star ein langer, steiniger und immer wieder verbunden mit schmerzlichen Niederlagen gepflasterter Weg. Nur durch viel Talent und Zähigkeit schafft man es ganz nach oben. Ist man dann dort angekommen, hat man zwar schon viel Geld verdient, an der Spitze zu bleiben wird dann aber meistens von Turnier zu Turnier schwieriger. Die Konkurrenz ist groß und man muss als Spieler nicht nur körperlich, sondern vor allem auch mental diesem Druck gewachsen sein. Alleine das dauernde Reisen von einem Turnier zum anderen und das rund um die ganze Welt, sprich das Leben aus dem Koffer, würden Viele als nicht gerade erstrebenswert ansehen. Aber nichts ist halt umsonst und die Preisgelder sind ja als monetärer Ausgleich auch sehr hoch angesiedelt. Hat man es an die Spitze geschafft, muss man nicht nur immer wieder Top-Gegner im Match bezwingen. Die Gefahr durch eine Verletzung auszufallen und damit auch in der Weltrangliste zurückzufallen ist ein „Gegner“, der immer dann zuschlägt, wenn man es am wenigstens erwartet. So wie es gerade dem Österreicher auf Mallorca passiert ist – aber darüber etwas später. Thiems größter bisheriger Erfolg ist der Gewinn der US Open 2020 im Einzel. Er ist damit der erste Österreicher, der dieses Turnier gewinnen konnte, und nach dem French-Open-Sieg 1995 Musters der zweite österreichische Einzel-Grand-Slam-Sieger überhaupt.

 

Wie alles begann

Der fesche Österreicher begann im Alter von sechs Jahren mit dem Tennisspielen. Von 2008 bis 2011 spielte er auf der ITF Junior Tour und konnte dort im Juli 2009 erstmals ein Turnier gewinnen. Gegen den späteren Top-5-Spieler Daniil Medwedew gewann er auf Juniorenebene 2011 ebenso ein Match. In diesem Jahr gelang ihm mit dem Finaleinzug beim Juniorenwettbewerb der French Open, wo er im Endspiel dem US-Amerikaner Björn Fratangelo unterlag, sein bestes Ergebnis bei Junior-Grand-Slams. Zum Abschluss des Jahres gewann Thiem dann drei Juniorenturniere hintereinander, unter anderem den Orange Bowl und erreichte dort im Doppel ebenfalls das Finale. Ins- gesamt schaffte es Thiem bis auf Platz 2 der Junioren-Rangliste und konnte innerhalb von drei Jahren insgesamt elf Junioren-Turniere gewinnen. Während dieser Zeit nahm er vereinzelt aber auch schon an Profiturnieren teil. Beim 2010 einmalig als Challenger ausgetragenen Turnier von Kitzbühel erhielt er eine Wildcard und konnte in drei Sätzen direkt sein erstes Profimatch gegen den damals auf Platz 252 liegenden Franzosen Alexandre Sidorenko gewinnen. Seine dritte Wildcard in derselben Saison erhielt er bei den Erste Bank Open in Wien. Dort gelang dem damals 18-jährigen Thiem sein erster Sieg auf der ATP-Tour im Spiel gegen den 44-jährigen Thomas Muster, der eben- falls per Wildcard im Hauptfeld stand.


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Die ersten zwei Jahre im Profitennis

In seinem ersten regulären Profijahr 2012 spielte Thiem weitestgehend auf der ITF Future Tour. Nachdem ihm in den ersten Monaten des Jahres noch keine größeren Erfolge gelangen, gewann er in Tschechien erstmals ein Future-Turnier. Zum Jahresende gewann Thiem in Marokko zwei weitere Future- Titel und beendete das Jahr auf Platz 309 der Weltrangliste.

Das Jahr 2013 begann für Thiem nicht nach Wunsch. Probleme mit den Weisheitszähnen zwangen ihn zu einer ungewollten Pause und er verpasste so auch das Davis-Cup-Match zwischen Österreich und Kasachstan. Erst Mitte März kehrte Thiem zurück und erreichte prompt das Finale eines Future-Turniers in Kroatien, in der Woche darauf gewann er dort sein erstes Future-Turnier in diesem Jahr. Nach gescheiterten Versuchen in den Qualifikationen für die ATP-Turniere in Casablanca und Bukarest wurde Thiem Anfang Juni von einer Darmentzündung erneut außer Gefecht gesetzt. Anfang September war Thiem schließlich erstmals unter die 200 besten Tennisspieler der Welt und zum Jahresende gewann er in Casablanca seinen zweiten Challenger-Titel und verbesserte sich damit auf Platz 122 der Weltrangliste.

 

Etablierung und Durchbruch

Gleich zu Beginn des Jahres 2014 er- reichte Thiem bei den Australian Open als Qualifikant die zweite Runde. Im Februar gelang ihm dann der erstmalige Einzug in die Top 100 der Tennisweltrangliste. Nach vielen Rückschlägen Anfang des Jahres 2015 und auch durch verschiedene Verletzungen verlor er einige Ränge in der ATP-Weltrangliste. Thiem kämpfte sich aber wieder beharrlich nach vorne und beim Turnier in Nizza gewann er gegen Leonardo Mayer seinen ersten Titel auf der ATP World Tour und erreichte dadurch in der Weltrangliste mit Rang 31 seine bis dahin beste Platzierung. Im selben Jahr gelang Thiem sein zweiter Erfolg auf der World Tour. Er gewann das Finale in Umag gegen João Sousa und war da- durch erstmals unter den 25 Besten der Weltrangliste zu finden.

 

Top-10-Aufstieg

Mit einem Sieg im Halbfinale gegen den top gesetzten Rafael Nadal schaffte es Thiem 2016 in Buenos Aires ins Finale gegen Nicolás Almagro, den er knapp besiegte. Damit platzierte er sich erstmals unter den Top 15 der Weltrangliste. Bei den French Open feierte er seinen bis dahin größten Erfolg, indem er sich bis ins Halbfinale vorkämpfte, wo er sich dem Weltranglistenersten und späteren Turniersieger Novak Đoković in drei Sätzen geschlagen geben musste. Damit schaffte Thiem mit Rang sieben erstmals den Sprung unter die Top Ten der Weltrangliste.


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Auf und ab

Die Saison 2019 begann für Thiem eher mäßig. Bei den Australian Open musste er in der zweiten Runde gegen Alexei Popyrin im dritten Satz aufgeben. Beim ATP-500-Turnier in Rio de Janeiro scheiterte er bereits in der ersten Run- de. Deutlich erfolgreicher verlief danach jedoch das Masters in Indian Wells, wo er Roger Federer im Finale besiegte und damit seinen ersten Masters-Titel gewann. Zwei weniger erfolgreichen Masters in Miami und Monte Carlo folgte mit dem Sieg beim ATP-500-Turnier in Barcelona der zweite Titel der Saison. Bei den French Open 2019 erreichte Thiem zum zweiten Mal in seiner Karriere das Finale in einem Grand-Slam-Turnier – nach einem Halbfinalsieg gegen Novak Doković. Im Finale unterlag er dann erneut Rafael Nadal, diesmal in vier Sätzen. Erstmals in seiner Karriere konnte Thiem damit fünf Turniere inner- halb einer Saison für sich entscheiden und beendete die Saison auf Platz fünf der Weltrangliste.

Anfang März 2020 stieg Thiem zu seinem besten Karriere-Ranking auf und löste Roger Federer als Nummer drei der Weltrangliste ab. Da seit März durch die weltweite COVID-19-Pandemie keine Turniere mehr ausgetragen und die Weltrangliste eingefroren wurde, behielt Thiem diese Position bis August 2020 bei. Das Jahr beendete Thiem auf Weltranglistenplatz 3, seiner höchsten Platzierung zum Jahresende. Das Jahr 2020 gilt mit dem ersten Grand-Slam- Titel als das bis dato erfolgreichste in Thiems Karriere.

Das neben dem Tennis auch Platz für Privates da ist, demonstriert Thiem seit einiger Zeit durch seine Beziehung mit der genialen Artistin und Gewinnerin der 13. Staffel von Let‘s Dance 2020 Lili Paul-Roncalli. Er ist auch jemand, der „Tacheless“ redet und seine Meinung auch in der Öffentlichkeit vertritt. So unter anderem geschehen im Zuge der Diskussion um finanzielle Unterstützung schlecht platzierter Tennisspieler aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie. Thiem nahm eine ablehnende Haltung dazu ein und erklärte: „Ich würde nicht einsehen, warum ich solchen Leuten Geld schenken sollte. Ich spende lieber an Leute oder Institutionen, die es wirklich brauchen.“

Weiter erklärte er: „Keiner von uns Top- Leuten hat das geschenkt bekommen. Wir mussten uns alle hoch kämpfen. Ich habe in keinem Beruf die Garantie, irgendwann einmal richtig viel Geld damit zu verdienen. Es kämpft kein Tennisspieler, auch nicht die, die weiter unten stehen, ums Überleben. Es muss keiner verhungern.“

Dominic Thiem weilt derzeit auf Mallorca, wo sich der Österreicher bei der erstmals in Szene gehenden „Mallorca Championship“, die auf Rasen ausgetragen wird, für Wimbledon einschlägt. Zu seiner überraschenden Olympia-Absage nahm der Weltranglisten fünfte nochmals Stellung und meinte: „Es ist nach wie vor ein großer Traum von mir und ich werde 2024 in Paris definitiv spielen. Aber ich habe nicht erwartet, dass dieses Jahr für mich so schwer wird und so schlecht läuft. Ich brauche im Ranking Punkte, um Boden gutzumachen. Außerdem ist mir eine sichere Planung wichtig – die ist derzeit bei Olympia nicht gegeben. Außerdem, was ist, wenn dort jemand positiv ist und man dann dort festsitzt?“

Kurze Zeit nach diesem Gespräch mit der Kleinen Zeitung, verletzte sich Thiem in Mallorca beim Match und muss wahrscheinlich für heuer Wimbledon – dem Turnier am „Heiligen Rasen“ absagen. Ein schwerer Schlag für den Ausnahmesportler und dies demonstriert wieder einmal mehr, wie eng Erfolg und Drama im Tennisport beieinander.