Edelsüsse Weine. Im Mittelalter schon von den Herrschern geschätzt, sorgen die edlen Süssweine wieder vermehrt für zarte Geschmacksverzückungen.
Edelsüße Weine sind wertvoll und gesucht. Sauternes, Tokajer oder gar Trockenbeerenauslesen von den Ufern der Mosel wurden schon vor Jahrhunderten vor allem für Fürstenhäuser gekeltert. Heute geht die Meinung der Allgemeinheit in die ganz andere Richtung: Trocken ist teurer, natürlicher und besser. Süß dagegen ist billig, künstlich und schlecht. Das mag bei Industrieweinen vielleicht noch stimmen, ist aber völlig falsch, denn richtige Weinkenner schätzen die qualitativ hochwertigen und auch sehr teuren edelsüßen Weine.
BEGEHRTE SÜSSE
Tatsächlich war die längste Zeit in der Geschichte des Weines die Süße die begehrteste Eigenschaft eines Weins. Süß und füllig musste er sein. Wein entsteht, wenn Hefe den in der Traube enthaltenen Fruchtzucker in Alkohol umwandelt. Der vorhandene Restzucker verbleibt im Wein. Ab zehn Gramm pro Liter ist der Wein halbtrocken, ab 18 Gramm gilt er als lieblich (amabile), ab 45 Gramm als süß (dolce).
Mitunter kann ein Liter Wein sogar mehrere 100 Gramm Restzucker enthalten. Wie wird eine Traube aber derart süß? Indem sie so stark eintrocknet, dass sie fast nur noch aus Zucker besteht. Auf natürlichem Weg passiert das, wenn in feuchter nebeliger Herbstluft ein Pilz entsteht, der zur „Edelfäule“ auf den Trauben führt. Die „Botrytis cinerea“ ist allerdings nicht irgendeine Fäulnis, sondern – ganz im Gegenteil – ein besonderer Pilz, der unter feuchtwarmen Bedingungen auftritt und die Haut der Weintrauben perforiert, um sich aus ihrem Inneren die gesamte Flüssigkeit zu holen. Die „Botrytis“ lässt die Frucht Zug um Zug einschrumpfen, es entstehen die sogenannten Trockenbeeren, die schließlich auch der höchsten Kategorie der Prädikatsweine ihren Namen geben: der Trockenbeerenauslese, die unter wahren Weinkennern die höchste Wertschätzung unter den Süßweinen genießt.
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