CONCEPT STARS. Von Tivoli über Peking bis in die Unendlichkeit und noch viel weiter – diese Konzeptfahrzeuge bringen uns aktuell auf Touren. EInsteigen, Anschnallen und ab in die Umlaufbahn der schärfsten Designstudien.
In ihnen materialisieren sich die entfesselten Fantasien der Automobilhersteller: Die kühnen Concept Cars von Aston Martin, RollsRoyce & Co. schärfen die Sinne für technische Exzellenz und elektrisierende Formschönheit. Neben atemberaubenden Silhouetten geht es um nichts weniger als die Zukunft der Automobilität.
SET-APPEAL IN TIVOLI
Beim Concorso d’Eleganza findet sich nicht alles ein, was Rang und Namen hat. Vielmehr sind es die höchsten Ränge und respektabelsten Namen, welche die Szene zu bieten hat. Gemessen daran, dass es sich um eines der bedeutendsten OldtimerGipfeltreffen der Welt handelt, lässt sich die elitäre Zusammenkunft fast schon intim nennen. Einmal im Jahr trifft sich die High Society der OldtimerEnthusiasten am Comer See, um sündhaft teure Klassiker zu bestaunen. Dieser exklusive Rahmen ist traditionsgemäß auch Bühne für die Vorstellung modernster Konzeptautos und Prototypen. Der SetAppeal dieser HighlightVeranstaltung ist in zweifacher Weise unbestreitbar: das perfekte Ensemble automobiler Eyecatcher – ein Set an PSPreziosen, wie es exquisiter nicht zusammengestellt werden könnte – und ein Setting zum Niederknien. Das Gelände des Nobelhotels Villa d’Este gleicht einem FilmSet der Extraklasse. Von 20. bis 22. Mai flanierten die Reichen durch die Schönen. Champagner schlürfend und mit Kennerblick wurden die millionenteuren Vorzeigekarossen in Augenschein genommen.
BRITISCH-ITALIENISCHE AFFÄRE
Inmitten von italienischem Chic und Grandezza waren zwei Dinge besonders frisch und besonders englisch: der Rasen und das Concept Car von Aston Martin. Die britische Sportwagenmarke hat sich erneut einer leidenschaftlichen Affäre mit dem italienischen Karossier Zagato hingegeben. Das Ergebnis: sagenhaft. Der Aston Martin Vanquish Zagato Concept paart britische Coolness mit italienischem Feuer. Es ist das nunmehr fünfte Ausnahmefahrzeug, das aus der gelungenen Kooperation der beiden Kultmarken hervorgegangen ist und extra für die Villa d’Este aufgelegt wurde. Im Stammwerk von Aston Martin in Gaydon wurde das neue Konzept in Teamwork mit den ZagatoDesignern entwickelt. Das Karosseriekleid besteht zur Gänze aus Carbon. Um Fugen zu eliminieren, wurden dabei möglichst viele Bauteile zusammengefasst und es wurde mit möglichst großflächigen Teilen gearbeitet. Die markenspezifische Designsprache von Aston Martin wurde mit ZagatoKlassikern wie den runden LEDHeckleuchten und dem typischen DoubleBubbleDach verbunden.
ATHLET MIT RENNSPORT-GENEN
Dank Sichtcarbon im ASäulenBereich verbindet sich die Frontscheibe des Vanquish Zagato mit den seitlichen Fenstern zu einer einzigen optischen Einheit. Der Clou dabei: Schlagartig lässt einen dieser visuelle Kunstgriff an das getönte Helmvisier der Rennfahrer denken.
So bringt das britischitalienische Traumduo mit dem scheinbar durchgängigen Glasband noch mehr spürbare Sportlichkeit in das Erscheinungsbild des Vanquish Zagato. Nicht nur optisch erfuhren die athletischen Eigenschaften eine Intensivierung, auch am Fahrverhalten wurden einige Variablen neu justiert. So erfuhr der bislang eingesetzte 5,9LiterV12Motor ein PSUpgrade und verschafft dem Vanquish Zagato noch mehr Biss. Zwei eindrucksvolle Doppelendrohre und ein großer Carbon Diffusor machen das scharf abfallende Heck noch böser. Das Beste: Nun soll sogar eine Kleinserie entstehen.
Aston Martin hat bekannt gegeben, dass der Sportwagen tatsächlich gebaut wird. Damit beweist der PremiumAutohersteller erneut, dass Traumautos wahr werden können. Allerdings werden lediglich 99 Fahrzeuge produziert und über den Preis wird noch nicht gesprochen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird der Vanquish Zagato aber ohnehin vor allem für jene Klientel erschwinglich sein, die über Geld sowieso nicht sprechen muss. Die Auslieferung ist für Anfang 2017 angesetzt.
MIT TURBO-ANTRIEB IN DIE ZUKUNFT
Ebenfalls „Concept Star“ auf dem diesjährigen Concorso d’Eleganza Villa d’Este: der BMW 2002 Hommage. Die Hommage gilt der herausragenden Ingenieursleistung des BMW 2002 turbo. „Das ausdrucksstarke Design des BMW 2002 Hommage interpretiert eines der für mich ikonischsten Fahrzeuge der BMWHistorie mit einer sehr dynamischen und markanten Formensprache“, schwärmt Karim Habib, Leiter Design BMW Automobile. „Gleichzeitig“, so Habib weiter, „steht es für die großen Motorsporterfolge von BMW, die dank der TurboTechnologie möglich wurden.“ In Anlehnung an das charak teristische Chromband der damaligen 02erReihe umschließt ein horizontales Band aus Carbon den BMW 2002 Hommage auf Schulterhöhe. Die Karosserie ist somit optisch unterteilt. Während sich die untere Partie hochglänzend präsentiert, sind Dach, Motorhaube und Heckdeckel mit einer matten Lackierung versehen. Dies ist eine Anlehnung an frühere Rennfahrzeuge, bei denen auf diese Weise Reflexionen durch Sonneneinstrahlung vermieden werden sollten.
AUF DEM SOFA INS NÄCHSTE JAHRHUNDERT
Auch abseits der Villa d’Este wartet die BMW Group mit einer besonderen Überraschung auf. Anlässlich des 100JahreJubiläums stellte der Konzern Mitte Juni das erste echte Concept Car in der Geschichte von RollsRoyce vor. Mit einem spektakulären Ausblick auf die nächsten 100 Jahre entlädt sich ein futuristisches AutomobilSpektakel im RollsRoyce EX103 Vision Next 100. Dieses Concept Car ist ein Katapult ins nächste Jahrhundert und scheinbar nicht von dieser Welt. Schon beim Einsteigen ist alles anders. Anstatt sich niedersinken zu lassen, schreiten Besitzer und Mitfahrer aufrecht über einen auf den Boden projizierten roten Teppich in das Gefährt der Zukunft. Möglich wird das durch ein Glasdach, das sich über der Passagierkabine befindet und sich für das Zusteigen seiner Gäste zur Seite schiebt. Hätte früher ein Chauffeur die Tür aufgehalten, so hält der RollsRoyce nun selbst Tür und Top auf. Im Inneren des noblen Gefährts herrscht LoungeCharakter und wir lassen uns auf eine stilvolle, doch bequeme Couch gleiten. Die SuicideGullwingDoors sind innen mit edlem MakassarHolz verkleidet. Die geräumige Kabine erscheint dadurch insgesamt wie ein luxuriöser Kokon aus Umsichtigkeit und Eleganz. Der Name „The Grand Sanctuary“, der große Zufluchtsort, lässt sich da durchaus nachvollziehen.
FIT FÜR SMART CITY STREETS
Gut und schön, aber was hat das Gefährt unter der Haube? Die Antwort dürfte überraschen: Gepäckstücke. Über eine ausfahrbare Ladeschiene können Reisekoffer im Frontbereich untergebracht werden. Sollte es eine Telefonkette unter Concierges geben, wird sie in den nächsten 100 Jahren garantiert jemand in Gang setzen, damit das Gepäck auch weiterhin in die Hotelsuiten findet. Der für das Gepäck benötigte Platz im Wagenvorbau entsteht durch die Eliminierung des Verbrennungsmotors. Der RollsRoyce EX103 Vision Next 100 fährt elektrisch und autonom. „Eleanor, bring mich in den Club“, etwas in der Art könnten betuchte Ladies und Gentlemen in der Zukunft von sich geben, auch wenn kein Chauffeur an Bord des EX103 vorgesehen ist. Eleanor ist charmant, gutaussehend und ein wahres Organisationstalent. Als hätte man eine künstliche Intelligenz aus dem ScienceFictionGenre entlehnt, erscheint die optische Reinkarnation von Eleanor Thornton auf dem gigantischen OLEDBildschirm, der das klassische Armaturenbrett ersetzt. Einst war sie Vorbild für die RollsRoyceKühlerfigur „Emily“, nun hat sie ihren großen Auftritt als animierte Assistentin, erinnert an Termine und navigiert sicher an jedes Ziel. Kein Verbrennungsmotor, kein Armaturenbrett, kein Chauffeur, kein Lenkrad und zeitweise nicht einmal ein Dach über dem Kopf und dennoch das luxuriöseste, zufriedenstellendste und eindrucksvollste Gefährt, das sich Freunde der Extravaganz erträumen können. Bleibt nur noch zu sagen: „Eleanor, in die Zukunft bitte.“
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