Londons alteingesessene Juweliere, Schneider, Hut- und Hemdenmacher sind Hüter feiner Traditionen und handwerklicher Kunst. Ihre „Britishness“ ist nicht so sehr von gestern als vielmehr zeitlos.
Wo beginnen? Warum nicht gleich an der allerfeinsten Einkaufsadresse Londons? Die Bond Street in Mayfair, die bei Piccadilly Old, weiter oben New Bond heißt, ist eine Straße der Flagship Stores: Dolce & Gabbana, Versace, Donna Karan, Louis Vuitton, Gucci und Prada, Ralph Lauren (der größte von allen) … Hier mittendrin liegt auch das Juwelierviertel mit Tiffany, Cartier, Bulgari, Chopard sowie Asprey. Letzterer nimmt gleich drei Häuser ein. Die anderen kommen aus New York, Paris, Rom usw., aber Asprey ist aus London, besteht seit 1781 und ist seit 1862 Ho flieferant. Ebenso wie Cartier suchte auch Asprey immer die Nähe zu Königshäusern sowie zur Bluts und Geldaristokratie, die sich ihre Geschmeide, Services oder Reiseköfferchen natürlich am liebsten als Einzelstücke anfertigen ließen.
Ohne ihr Toiletteköfferchen von Asprey hätten sich die feinen Londonerinnen früher nie außer Haus geschweige denn aus ihrem Empire hinausbewegt. Auch das Sortiment ähnelt jenem von Cartier: Schmuck und Uhren, Silber und Lederwaren bis hin zu Seidenschals. Berühmt ist Asprey für Silber und Glaswaren wie Geschirr, Vasen und Nippes, wie sie im gehobenen Haushalt nicht fehlen dürfen. Mindestens genauso fein wie Asprey ist der Gold und Silberschmied Garrard in der nahen Albemarle Street. Und noch um einiges älter: Gründungsdatum 1735. Garrard war nicht nur Hoflieferant, sondern seit 1843 auch für die Kronjuwelen zuständig, so auch zuletzt für jene von Königin Elisabeth II. „War“ muss man sagen, denn die Königin erkannte Garrard diesen Titel vor ein paar Jahren ab.
Sie ließ ja nichts verlauten als bloß dieses Verdikt, aber es dürfte ihr wohl nicht gefallen haben, dass der Traditionsjuwelier unter der Kreativdirektorin Jade Jagger (der Tochter von Mick) sowie der jungen Designerin Georgina Chapman zu sehr in Richtung „hip“ und „cool“ getrieben ist. Prinz Charles zumindest hält Garrard nach wie vor die Treue, ebenso Kate Middleton, die jetzige Herzogin von Cambridge, Sarah Ferguson und andere Zelebritäten. Sowohl Asprey als auch Garrard wurden übrigens Mitte der Neunzigerjahre von Prinz Jefri Bolkiah von Brunei, dem Bruder des Sultans, erworben (mittlerweile aber wieder abgestoßen). Durchaus folgerichtig, er war ja auch schon vorher der größte Kunde gewesen.
SCHNEIDERMEILE
Bei Erkundung des Umkreises der Bond Street dürfen Sie keinesfalls die Savile Row verpassen, wo die besten Schneider des Planeten Laden an Laden aneinandergereiht sind. Der größte und wohl auch bekannteste unter ihnen ist Gieves & Hawkes, dessen Gründung ebenfalls weit ins 18. Jahrhundert zurückreicht, der modernste Richard James. Ein bespoke suit, sprich Maßanzug, wirft Sie hier um mindestens 3.000 Pfund zurück, madetomeasure (maßkonfektioniert) ist schon um ein Drittel dessen zu haben. Wenn Sie öfters in London zu tun haben, können Sie, nachdem Ihnen zwei Dutzend Maße genommen wurden, dabei zusehen, wie er – im Laufe von etlichen Wochen – Form annimmt.
Vorsicht, die Engländer tragen ihre Anzüge nach unseren Maßstäben ungewöhnlich stark tailliert! Wenn Sie, an der Conduit Street angekommen, links abbiegen, kommen Sie nach ein paar Schritten zu Berluti. Das ist vermutlich eine der besten Schuhmanufakturen der Welt, mit Sicherheit aber jene mit dem höchsten Kultfaktor. Alleinstellungsmerkmale: trapezförmiger Kappenschnitt, haferlschuhartige Schnürung. Bernard Arnault, Leiter der Luxusgütergruppe LVMH, war so angetan von seinen Berlutis, dass er das Unternehmen, dessen Stammhaus in der Pariser Rue Marbeuf steht, kurzerhand kaufte. Ein Verhalten, das Superreiche, siehe oben im Fall von Asprey und Garrard, immer wieder gern an den Tag legen.
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