Der schnellste Tiroler im Interview. Schon als Bub träumte Karl Wendlinger davon, hauptberuflich Rennautos zu fahren. „Ich hatte es aufgrund meiner Größe – ich bin 1,87 m groß – nicht immer leicht“, erzählt er. Aber er hat es geschafft. Bis ganz nach oben sogar.
Zuerst sein Sieg bei der Formel 3 im Jahr 1989: „Dieser Tag ist mir noch sehr gut in Erinnerung.“ Danach gehörte er zu den „Jungen Wilden“ des Motorsports im deutschsprachigen Raum. „Michael Schumacher, Heinz-Harald Frentzen und ich wurden danach ins MercedesBenz Junior Team aufgenommen. Das war für mich ein großer Schritt vorwärts“, sagt Wendlinger. „Ich bin Mercedes dafür sehr dankbar und freue mich, dass ich seit drei Jahren wieder bei ihnen unter Vertrag stehe.“
HÖHEN UND TIEFEN 1992
Nur wenige Jahre später, fuhr der Tiroler dann in seiner ersten Formel 1-Saison mit einem relativ unterlegenen Auto in Montreal beim Grand Prix auf Platz vier. Ein weiterer wichtiger Zeitpunkt in Wendlingers Karriere. Es war der Beginn seines Traums: in der Königsklasse des Motorsports mitmischen zu können. Doch dann passierte es: 1994 hatte er beim Training zum Grand Prix von Monaco einen schweren Unfall, bei dem er seitlich in die Streckenbegrenzung prallte. Sein Kopf stieß durch die damals noch niedrigen Cockpitbegrenzungen an das Hindernis und er erlitt erhebliche Hirnprellungen. Er lag mehrere Wochen im Koma und konnte 1994 keine Rennen mehr fahren. Doch er dachte nie ans Aufhören: „Das war nie ein Thema für mich. Ich war im Krankenhaus in Innsbruck in der Neurologie und es gab täglich stundenlange Therapiestunden. Damals habe ich mir gedacht, da muss ich gescheit mitmachen, weil je schneller ich entlassen werde, desto schneller sitze ich wieder im Rennauto.“ Doch das Comeback war schwierig. „Wenn ein Fußballer sich den Arm oder das Bein bricht, dann muss er warten, bis es besser wird, und spielt dann wieder – egal ob das drei Monate oder ein halbes Jahr dauert. Aber wenn man bei der Formel 1 nicht schnell genug wieder Topleistungen erbringt, wird man ausgewechselt“, erklärt Wendlinger. „Ich hatte keine Angst, wieder in einem Rennauto zu sitzen, aber nach so einer Hirnverletzung ist der Automatismus, den man sich jahrelang angewöhnt hat, nicht mehr so schnell abrufbar.“ Das Ende seiner Formel 1-Karriere war aber lange noch nicht das Ende seiner erfolgreichen Motorsportkarriere. „Es gab so viele Events über die Jahre, an die ich mich gern zurückerinnere – ein Highlight war auf alle Fälle das 24-Stunden-Rennen in Daytona, das mein Team im Jahr 2000 gewann.“
ON THE ROAD
Unzählige Rennen, rund um die Welt, vor hunderten und tausenden von Fans. Doch wo fährt es sich am besten? „Die Veranstaltungen selber rennen überall ähnlich ab. Aber es gibt Länder, in denen man sich wohler fühlt als in anderen“, sagt der Profisportler. „Ich bin gerne in Italien, bei Rennen und auch sonst. Es gibt tolle Rennstrecken und viel Begeisterung bei den Zuschauern.“ Und welche Rolle spielen dabei die Fans? „Neben Italien sind auch die Engländer sehr begeisterte Motorsport-Fans. Da stehen tausende auf der Tribüne in Silverstone – und die meisten Zuschauer sind wirkliche Insider“, so Wendlinger. „Aber man sollte sich von diesen Dingen nicht beeinflussen lassen. Man sitzt im Auto und konzentriert sich aufs Rennen.“ Um dem Trubel des internationalen Rennsports zu entkommen, fährt Karl Wendlinger am liebsten heim nach Österreich. Seine Frau und die zwei Kinder geben ihm Rückhalt. Doch auch zu Hause lässt er die Finger nicht lange vom Steuer. „Auch abseits der Rennstrecke erwarte ich mir Sportlichkeit und gute Fahrdynamik. Ein Straßenauto sollte die richtige Balance zwischen gutem Fahrverhalten, aber auch Komfort haben“, sagt Wendlinger. „Ich will nicht wie in einem Rennauto drinnensitzen und jede Bodenwelle spüren!“
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